Selbstenfremdung

Selbstentfremdung über Selbstveräusserung bedeutet, sich konsequent für die Bedürfnisse anderer einzusetzen unter Missachtung eigener Bedürfnisse. Wir nennen das in IBP auch Agency-Verhalten. Der Kern von Agency-Verhalten besteht darin, sich automatisch auf das Gegenüber (Partner, Nachbarin, Chef etc.) auszurichten, und die eigenen Bedürfnisse, Gefühle, Grenzen reflexartig aufzugeben. Menschen mit Agency-Verhalten sind anders als dissoziierte Menschen meist nicht von ihrer Innenwelt abgeschnitten. Ohne ein Gegenüber können sie einigermassen mit sich verbunden sein, geben diese Verbindung in Anwesenheit anderer jedoch sekundenschnell auf, in aller Regel ohne das zu bemerken. Das führt dazu, dass Menschen mit Agency-Verhalten keine gesunden Grenzen setzen, nicht nein sagen können und oft besser zu wissen glauben, was andere brauchen als diese selbst. Sie bieten ihre Hilfe allenfalls auch ungefragt an und sind so in Gefahr, andere Menschen zu „vergewohltätigen“. Wer sich über längere Zeit auf diese Weise veräussert, vernachlässigt sich selber, beutet sich selbst aus und ist in grosser Gefahr, sich selber krank zu machen. Wir kennen viele psychische und somatische Krankheiten, die mit Agency-Verhalten zusammen hängen können: Burnout-Syndrom, Depression, Angstzustände, Migräne, Spannungskopfschmerzen, Asthma, Magendarmbeschwerden, Diskushernie sind die häufigsten.

Selbstentfremdung und die damit zusammen hängenden Krankheiten können erfolgreich behandelt werden. Unabhängig von der Ursache der Selbstentfremdung liegt der Fokus der Behandlung auf der (Wieder-)Herstellung von Selbstkontakt, beginnend mit dem Kontakt zum eigenen Körpererleben über den Aufbau körperbasierter Ressourcen. Auf der Körperebene aufbauend kann der Kontakt zu den weiteren Ebenen menschlichen Erlebens (Gefühle, Denken, Intuitionen, spirituelle Verankerung) gebahnt werden, so dass allmählich aus Selbstentfremdung Selbstkontakt werden kann. Damit wird das Tor eröffnet zu einem sinnenvolleren und damit sinnvollen Leben, zu Beziehungsfähigkeit primär zu sich selbst und sekundär zu anderen und anderem.

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